Hassan ist 23 Jahre jung. Er ist Moslem. Seine Eltern lebten als
Gastarbeiter in Norwegen. Sie erhielten nach Jahren die norwegische
Staatsbürgerschaft, ebenso wie Hassan, der in Oslo zur Welt kam.
Hassan und seine Eltern sind vor sechs Jahren nach Amman
zurückgekehrt. Die fühlten sich in der Fremde nicht wohl, eine andere Kultur,
eine andere Zeit, andere Werte, Sitten und Gebräuche. Dem Sohn gefiel das neue
Leben.
Hassan musste seinen Eltern natürlich folgen. Er, der älteste Sohn
der Familie, Moslem, mit traditionellen Verpflichtungen seinen Angehörigen
gegenüber, studiert heute in Amman Elektroingenieur, einen Beruf, den er sich
nicht ausgesucht hat, den er nicht mag, nicht ausüben will. Die Familie hat
entschieden.
Hassan hat einen norwegischen Pass, eine norwegische Erziehung,
spricht ein hervorragendes Englisch und auch Norwegisch. Zudem ist Hassan
Homosexuell. Doch nun lebt er in einer Welt, die all diese Vorzüge der
westlichen Gegenwart nicht versteht, nicht schätzt, eigentlich ablehnt, als
Gefahr sieht, ihn als Homosexuellen verachtet, ja nach den Regeln des Korans
sogar töten würde, wie es in vielen arabisch-islamischen Ländern täglich
geschieht.
Obwohl er 23 Jahre ist, darf er das Haus nicht unkontrolliert
verlassen, außer natürlich zur Universität, bekommt kein Taschengeld, muss
spätestens um 21 Uhr zu Hause sein und wird durch fortlaufende Anrufe auf
seinem Handy und denen seiner Freunde durch die Familie kontrolliert.
Als er sich entschloss, das elterliche Haus zu verlassen, wurde
er geschlagen und für eine Woche eingesperrt. Nicht zum ersten Mal. Er bekam
natürlich zu Essen und zu Trinken, doch konnte er außer ins Bad das Zimmer
nicht mehr verlassen. Anschließend hat es ein Gespräch gegeben. Die Eltern
hielten dem Sohn vor, dass er nicht sittsam lebe, dass er gegen die Traditionen
verstößt, die sagen nämlich, dass sein Leben im Eigentum der Familie,
eigentlich des Vaters, steht und, das sei das schlimmste, er mit seinem
Lebenswandel, aber besonders mit seinen Einstellungen und seiner
Nichtgläubigkeit gegen die Regeln des Koran verstoße. Der Vater machte ihm in
klaren Worten deutlich, dass der Junge sich ändern müsse, damit man nicht zu
dem äußersten Mittel greifen müsse. Dieses Mittel wäre der Ehrentod, den die
Familie organisieren würde. Das kennen wir aus der Türkei und Deutschland, nur
in Deutschland trifft es mehrheitlich junge Frauen.
Hassan lief weg. Er ging zur norwegischen Botschaft in Amman.
Diese wollte nicht helfen. Die dortige arabische Angestellte teilte ihm mit,
dass er sich an die Sitten und Gebräuche halten möge, über sein Denken und
Handeln lügen und bei der Familie bleiben solle. Im Islam würde er dann schon
seine Befriedigung und sein Glück finden. Seine Neigungen und Vorstellungen
seien unanständig.