Montag, 11. Juli 2011

Ramadan Mubarak

Der Ramadan ist der neunte Monat im islamischen Kalender. Er gilt als besonders heilig und zudem als eine der Säulen des Islam. In diesen 30 Tagen wird nicht nur einfach gefastet, so will es der Koran und damit der Prophet Mohamed, sondern diese Tage sind auch mit der besonderen Hingabe zu dem Gott Allah und mit Disziplin und Gewissenhaftigkeit im Glauben verbunden. Je nach Sonnenaufgang und –Untergang beginnt die Fastenzeit oder endet, demnach täglich um einige Minuten verschoben, zudem von Land zu Land je nach Lage unterschiedlich. Nach Ende der Fastenzeit in den frühen Abendstunden wird ein gemeinsames ausgiebiges “Frühstück” eingenommen, spät in der Nacht ein warmes und opulentes Mahl. Während der Fastenzeit jedoch wird nicht getrunken, nicht gegessen, nicht geraucht und schon gar kein Sex gemacht. Die wenigen Ausnahmen schreibt der Koran vor. So ist es uns mehr oder weniger bekannt, so ist die Theorie, doch die Wirklichkeit sieht von Land zu Land der so genannten islamischen Welt anders aus.

Mehrheitlich verbreitet sich der Islam vom Hörensagen, denn in den Ländern, in denen er verbreitet ist, herrscht zumeist Armut, vielleicht noch eine Schulpflicht, aber sicher kein Zwang, kein wirklich funktionierendes Bildungs- oder Sozialsystem. Allein in Marokko sind über 50 Prozent der Menschen Analphabeten. Da hilft die 3jährige Schulpflicht auch nicht, denn die meisten Familien auf dem Land brauchen die Kinder zum Arbeiten. Bildung ist da eher unnütz, und was man wissen muss, ob nun über die Religion oder das Leben, bekommt man von den Alten und dem Hörensagen. Erschwerend kommt noch hinzu, dass der marokkanische Dialekt des Arabischen mit ca. 40 Prozent Sprachanteilen der Berber oder der Tuareg verwoben ist. Einem Jordanier fällt es schon sehr schwer, in Marrakesch im Souk Verhandlungen auf Arabisch zu führen. Man trifft nur wenige Marokkaner, die überhaupt Bücher besitzen, wenn überhaupt einen Koran, und die tatsächlich einmal darin gelesen haben. Man trifft kaum einen, der den Koran durchgehend kennt.

Befragt, warum im Ramadan gefastet wird, bekommt man zumeist als Antwort, dass das Allah so wolle. Woher weißt Du das? Das hat er im Koran geschrieben. Hast Du den Koran gelesen? Nein, aber das Fasten ist auch unsere Tradition. Was soll das Fasten bewirken? Man tut es für Allah. Warum aber verlangt Dein Gott, dass Du einen Monat während des Tages nicht isst, nichts trinkst, nicht rauchst, keinen Sex machst? Das ist gesund für den Körper und die Seele. Außerdem ist das auch vorgeschrieben, und der Prophet lehrt es so.

Die Wirklichkeit sieht dann so aus, dass die meisten Jugendlichen, ohnehin schon an den fünf vorgeschriebenen Gebeten je Tag nicht teilnehmend, ebenso eine der Säulen des Islam, schon das frühe Aufstehen wäre kaum umsetzbar, nach Möglichkeit so lange schlafen, dass mehr oder weniger ein großer Teil des Tages vergeht, ohne dabei wachen zu müssen. Damit entfällt zwar auch das bewusste sich der Religion und dem Gott Hingeben, doch ist den meisten dieser inhaltliche Aspekt nicht bekannt und zudem auch nicht wirklich bedeutend. Die meisten Menschen halten sich natürlich an die gesetzlich zwangsweise geregelte Fastenzeit, zudem steht man gerade in den Ländern der 3. Welt stetig unter Beaufsichtigung der Familie, der Nachbarn, der Blockwarts oder Sitten-Wächter, je nachdem unter welchem Regime man sein Dasein fristet, doch kaum ruft der Muezzin das Ende des Tages aus, stürzen sich alle auf das so genannte “Frühstück”, später in der Nacht auf das nachträgliche Mittagessen oder Abendbrot, rauchen die doppelte Menge Zigaretten, kiffen, gehen aus und saufen, wenn das Geld reicht.

Sind die Diskotheken normalerweise nur an den drei Wochenendtagen gefüllt, so sind sie es im Ramadan täglich. Die Tage der Enthaltsamkeit müssen so qualvoll sein, dass unendliche Massen von einer Stadt zur nächsten ziehen, um eben der familiären Kontrolle zu entkommen, Diskotheken besuchen, sich die Dienste der ungezählten Prostituierten der Sexhauptstadt der arabischen Welt einkaufen – Jungs, Männer oder Frauen – für Geld wird alles gegeben, ein jugendlicher Körper sowieso, der ist Kapital in vielen arabischen Ländern.

Es ist ein Irrtum anzunehmen, dass es in Marrakesch die Touristen sind, die die Diskotheken und Bars bevölkern. So viele Touristen besuchen Marrakesch oder Marokko nicht, die Zahlen stagnieren, sinken sogar. Zudem verlassen viele Ausländer die Stadt während des Fastenmonats, weil es nicht ungefährlich ist, zu bleiben. Mit dem Fortschreiten des Tages werden die ohnehin schon unvorstellbar rücksichtslosen Fahrgewohnheiten, geschult wurde kaum einer, der Führerschein wird gekauft, werden diese Fahrgewohnheiten zu tätlichen Angriffen auf immer den schwächeren Verkehrsteilnehmer. Ungezählte Unfälle sind die Folge, Verletzungen, Todesfälle. Dabei sind viele Verkehrsteilnehmer, sollten es keine Ausländer sein, nicht versichert. Das erledigt man gegenüber der kontrollierenden Polizei auch mit Geld, kleinem Geld. Bei der Polizei macht es zuletzt jedoch die Masse.

Es ist die aufkommende Mittelschicht, die sich in diesem sehr, sehr armen Land einen Harem Jungs hält, eine sehr orientalische Sitte, einlädt, gebraucht, einzeln oder in Gruppe, im Ramadan noch viel mehr als in den 11 Monaten davor oder danach, falsch verstandene Fastenzeit oder ein Ausdruck des Protestes gegen die herrschende Totalüberwachung. Alles Verbotene wird erst recht ausgelebt, den Geboten wollen und können immer weniger folgen.

Tausende weiblicher Prostituierter sitzen in den arabischen Hotels in deren Bars und warten darauf, dass die drum herum sitzenden möglichen Freier so betrunken sind, dass ihnen selbst Allah in Vergessenheit gerät und sie nichts mehr halten kann, nicht die Religion, nicht das Wort des Propheten, nicht die Moral, die Ehefrau, die Kinder oder womöglich der Rausschmiss aus dem Paradies, zumindest die Hoffnung auf ein dortiges Weiterleben. Sie werden sich anschließend alles nehmen, was sie entbehren, oftmals auch sehr gewalttätig ihre Aggressionen an den Frauen auslassen.

Die Stadt wirkt spät in der Nacht noch bevölkert, nachdem Sie zu Beginn des Abends und dem Ende der Fastenzeit geradezu ausgestorben war. Massen drängen sich auf den Straßen, jeder versucht, irgendwen anzusprechen, ein Blick, eine Berührung, eine Vereinbarung, am liebsten mit Ausländern, dabei spielt das Geschlecht keine Rolle, entscheidend ist, dass man sich nicht nur sexuell an jemandem befriedigen kann, sondern bei der Gelegenheit auch noch kostengünstig an Alkohol kommt, an Bier, Whisky, Wodka und zudem in die Diskotheken kann, die in Marrakesch nicht nur einen hohen Eintritt verlangen, sondern in denen die Getränke mit den Preisen in London, New York oder Paris allemal mithalten können. So ein Abend verschlingt pro Person schnell 100 Euro, ein halbes Monatsgehalt eines Mannes, der mit der doppelten Menge eine fünf- oder sechsköpfige Familie ernährten und unterbringen muss. So verstärken sich noch die sexuellen Übergriffe auf Touristen im Ramadan. Schon außerhalb der Fastenzeit hagelt es regelmäßig Beschwerden bei den Reiseveranstaltern, weil es in manchen Städten Marokkos, so Agadir, kaum möglich ist, unbehelligt über die Straße zu gehen.

Ramadan in Marokko heißt hungern, dursten, Nervosität, Konzentrationsstörungen, nicht funktionierende Arbeitsabläufe, sinkende Produktivität bis hin zum Stillstand, Aggressionen, Gewalt ohne Limit und anschließend Exzesse. Die Speisen werden nicht genossen, sondern mit bloßen Händen gegriffen und herunter gewürgt. Der Alkohol lässt alles vergessen, die Hitze und die Pein des Tages, laute Musik in den Bars und Diskotheken, Sex-Orgien, Gruppensex, Sex mit Minderjährigen, mit Frauen, mit professionellen und Hobby-Nutten, mit Jungs, die von einer Zukunft träumen und einem Leben in Freiheit, hier namentlich von Reichtum, mit Mädchen, die eine Familie ernähren müssen und das einzige verkaufen, was Allah ihnen mitgegeben hat – ihren Körper. Die männlichen und weiblichen Huren der arabischen Welt haben immer Konjunktur. Im Ramadan aber machen die 30.000 Huren im Großraum Marrakesch faktisch das Weihnachtsgeschäft. Und wer sich das alles nicht leisten kann, keinen der wenigen Touristen bekommt oder nicht jung und hübsch genug für einen “Harem” eines vermögenden Arabers aus dem Mittlerem Osten ist, der hat das Internet und verdingt sich in den zahlreichen Chat-Räumen weltweit mit Cam-Sex, auch in europäischen Sphären zwischenzeitlich ein Ersatz für zwischenmenschliche Realität und zudem günstig, lässt man sich nicht dazu verlocken, Geld zu überweisen.

Das ist nicht anders in Fes, da eher privater, die Stadt ist sehr in sich verschlossen, in Casablanca oder in Agadir, wo es eben nicht die ausländischen Touristen sind, die die Sitten verderben und den rechtschaffenen Gläubigen von der Hingabe zu Allah im heiligen Monat Ramadan abhalten oder ablenken.

In Tunesien hat man die Staatsreligion schon soweit “privatisiert”, dass die dortigen Menschen selbst entscheiden können, was sie glauben, an wen und wie sie damit umgehen wollen. Exzesse bleiben aus. So soll es nach dem Wunsch des marokkanischen Königs hier auch einmal sein. In Saudi-Arabien existieren keine Diskotheken, dort sind es Privatgemächer, in den Emiraten, in Katar oder Syrien eben auch. Dafür ist die sexuelle Belästigung in Ägypten der in Marokko ähnlich, Kairo oder Luxor die Ausflugsziele der streng gläubigen Saudis, wenn sie einmal ganz und gar im Schatten der Religion den Geschmack der Hölle kosten wollen, um danach gleich zurück zu finden zum richtigen Weg. Es gibt eben viele Wege zu Gott. Ramadan Mubarak. Eine gesegnete Fastenzeit.

Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen